LOB DES SCHATTENS
Die Ausstellungen von Ulla von Brandenburg (*1974 in Karlsruhe, lebt in Paris) sind stets außergewöhnliche Inszenierungen. Mit Gesamtkunstwerken aus Malerei, Skulptur, Textilarbeiten, Film und Performances verwandelt die Künstlerin Museen in Theaterbühnen, auf denen sich überraschend neue Wirklichkeiten entfalten – poetisch, komplex und voll rätselhafter Erinnerungsspuren.
Im Sommer und Herbst 2024 verbrachte Ulla von Brandenburg als Stipendiatin der Villa Kujoyama fünf Monate in Kyoto und tauchte intensiv in die japanische Kultur ein: Sie erkundete die verschiedenen Typen des japanischen Figuren- und Puppentheaters, die Festkultur und ihre Rituale, die traditionelle Architektur mit ihrer Akzentuierung von Schwellen und Übergängen, das reiche Repertoire textiler Färbetechniken, den Volksglauben an die unübersehbare Schar der Yōkai, freundliche Geister oder bösartige Dämonen, schließlich eine Ästhetik des Zwielichts und Dämmers, die der japanische Autor Jun’ichirō Tanizaki bereits 1933 in seinem berühmt gewordenen Essay Lob des Schattens beschrieb.
Ulla von Brandenburg: Le pari, 2024–2025, courtesy of the artist and art:concept, Paris; Galerie Meyer Riegger, Berlin/Karlsruhe; Pilar Corrias Gallery, London; Produzentengalerie, Hamburg
© Ulla von Brandenburg; Foto: Romain Damaud
Die künstlerischen Ergebnisse ihrer Recherchen verknüpfen sich auf vielfältige Weise mit ihrem bisherigen Schaffen, etwa mit dem Schattentheater in ihrem Film Un bal sous l’eau (Ein Unterwasserball, 2023). Gemeinsam mit zahlreichen in Japan entstandenen Arbeiten präsentiert ihn Ulla von Brandenburg nun in einer Ausstellung, die sie mit einem Zitat des expressionistischen Bildhauers, Zeichners und Dramatikers Ernst Barlach überschreibt – auch er ein Theatermensch und Meister des Vieldeutigen, mit offenen Sinnen für das Übernatürliche und die Sphären der Yōkai.